Das neue Zahlungskontengesetz
Mit dem Stichtag 18. 9. 2016 trat das von der Bundesregierung angestoßene Zahlungskontengesetz in Kraft. Für Banken, egal ob Sparkassen oder Privatbanken, aber auch für alle Bankkunden ändern sich damit grundlegende Regeln im Umgang mit der Eröffnung, Führung oder Schließung von Girokonten.
Aber wie genau sehen diese Änderungen aus? Worauf müssen Kunden achten und wen speziell betrifft das Gesetz? Ein Überblick.
Inhaltsverzeichnis
Was ist das Zahlungskontengesetz?
Private Girokonten sind aus dem Alltag unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Ob Daueraufträge für Miete und Strom, Transaktionen größerer Summen, die bar nur schwer umzusetzen wären, oder das monatliche Gehalt vom Arbeitgeber – all diese Geschäftsbeziehungen werden oft über Girokonten abgewickelt.
Tatsächlich aber gab und gibt es immer noch einen großen Teil der Bevölkerung, der keinen oder nur einen erschwerten Zugang zu diesen Konten hat. Vor allem Privatbanken hatten bisher relativ weit reichende Rechte, wenn es um die Ablehnung von Kontobeantragungen oder die Kündigung bereits bestehender Konten ging.
Vor allem finanziell schwächer gestellte Menschen oder Menschen mit unregelmäßigen Einkommen sahen sich so oft vor zusätzliche Herausforderungen gestellt – und mitunter auch zusätzliche Kosten: Denn Bareinzahlungen bei Banken sind für Nicht-Kunden stets mit Sonderauflagen verbunden.
Um solche Situationen weitestmöglich abzuschaffen, hat das Bundesministerium der Finanzen ein neues Gesetz auf den Weg gebracht, das mit dem 18. 9. 2016 bundesweit in Kraft getreten ist: das Zahlungskontengesetz.
Darin werden grundlegende Fragen rund um das Girokonto geklärt und eindeutige Richtlinien für Banken vorgegeben: Etwa werden die Gründe, aus denen Banken ein Konto ablehnen oder kündigen dürfen, genau definiert. Auch soll das Gesetz zu mehr Transparenz bei entstehenden Entgelten führen. Vor allem aber erklärt es das Recht auf private Girokonten zu einem allgemein bestehenden Recht für alle EU-Mitglieder und rechtmäßig in der EU lebenden Bürger. Wie genau das aussieht, soll in den folgenden Abschnitten ausführlich erklärt werden. Zunächst also die Frage: Was genau ist das Zahlungskontengesetz und welche Inhalte hat es?
Worum geht es im Zahlungskontengesetz?
Das neue Zahlungskontengesetz soll in erster Linie die Interessen der Verbraucher und Bürger stärken. Deshalb bezieht sich eine wichtige Neuregelung auf das Recht zur Eröffnung eines Zahlungskontos mit grundlegenden Funktionen – ein so genanntes Basiskonto.
Ein solches Basiskonto ist offen für alle fundamentalen Vorgänge, die im alltäglichen Betrieb eine Rolle spielen können: So kann man über ein Basiskonto Barein- und Barauszahlungen vornehmen, Überweisungen tätigen, Lastschriften und Daueraufträge einrichten. Zudem erhält man in der Regel eine elektronische Karte, mit der man am Automaten auf das Konto zugreifen, aber auch direkte Kartenzahlung tätigen kann.
Grundlegende Dinge wie Mietaufträge, Strom- und Gasrechnungen, aber auch Gehaltseinzahlungen können über dieses Basiskonto laufen. Und eben deshalb ist es so wichtig, dass jeder EU-Bürger mit dem neuen Zahlungskontengesetz in seinem Recht bestärkt wird, ein solches Konto zu eröffnen und zu führen.
Gerade Menschen, die finanziell sehr schwach gestellt sind oder die nur unregelmäßige Einkommen vorweisen können, profitieren von diesem neuen Gesetz. Denn nun sind die Hürden für Banken klar gesteckt, wenn es darum geht, den Antrag auf ein Basiskonto abzulehnen – hierfür gelten eindeutige Regeln, die den Verbrauchern auch im Falle einer Klage helfen, sollten Banken dagegen verstoßen. Auch Obdachlose oder Flüchtlinge haben damit das Recht auf ein Basiskonto, was ihnen die Eingliederung in die Gesellschaft erleichtern soll.
Wichtigste Inhalte des Zahlungskontengesetzes im Überblick
- Recht jedes Bürgers in der Europäischen Union, ein Basiskonto mit grundlegenden Funktionen (Daueraufträge, Lastschriftmandate, Überweisungen) zu beantragen, zu eröffnen und zu führen
- Unabhängigkeit von Höhe oder Regelmäßigkeit des Einkommens
- Klage- und Beschwerdeinstanzen für Verbraucher im Falle der Ablehnung eines Antrags oder Kündigung des Kontos
Ablehnungsgründe für ein Girokonto
Wie gesagt, sind die Möglichkeiten von Banken, den Antrag auf Eröffnung eines Basiskontos abzulehnen oder ein bereits bestehendes Konto zu kündigen, durch das neue Gesetz stark eingeschränkt und klar definiert.
So gibt es nur bestimmte Ausnahmefälle, in denen Banken das Recht haben, ein solches Konto abzulehnen: Ein möglicher Grund kann sein, wenn der Kunde bereits bei einer anderen Bank ein Basiskonto führt. Allerdings muss er hierbei auch auf dieses Konto zugreifen können.
Auch sind Banken nicht verpflichtet, untragbare Kosten zu dulden. Wenn der Kontoinhaber seinen Verpflichtungen mehr als drei Monate lang nicht nachkommt und gegenüber der Bank mehr als 100 Euro Schulden hat, hat die Bank das Recht, das laufende Konto zu kündigen.
Daneben gelten auch Straftaten als Ausschlussgrund. Wenn etwa der Kunde bereits wegen eines finanziellen Vergehens gegen die Bank, bei der er ein Konto beantragt, verurteilt wurde oder wenn ersichtlich ist, dass die Kontoführung zur Unterstützung illegaler Aktivitäten genutzt wird, kann die Bank den Antrag ablehnen oder ein bereits laufendes Konto kündigen.
Mögliche Ablehnungsgründe für Banken:
- ein bereits bestehendes Basiskonto bei einer anderen Bank, sofern dieses für den Verbraucher auch voll und ganz nutzbar ist
- Schulden des Kontoinhabers bei der Bank, die länger als drei Monate dauern und mehr als 100 Euro betragen
- Verurteilung des Kunden wegen eines Vergehens gegen die Bank
- kriminelle Aktivitäten des Kunden jeglicher Art, die durch das Konto begünstigt und gefördert werden (etwa Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung)
Verbraucherschutz durch das Zahlungskontengesetz
Bei solchen Fällen sind allerdings die Banken in der Beweispflicht, das heißt, die Banken müssen belegen, dass der Antragsteller oder Kunde illegale Aktivitäten gegen sie unternommen hat oder aus anderen Gründen abzulehnen ist.
Sollte eine Bank einen Antragsteller unrechtmäßig ablehnen, bestärkt das neue Zahlungskontengesetz den Verbraucher in seinen Rechten. So gibt es eine ganze Reihe von Beschwerdeinstanzen, an die sich ein Verbraucher im Falle einer Ablehnung wenden kann:
- Zunächst kann er eine Beschwerde bei der Bafin einreichen – der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.
- Der Kunde kann auch direkt ein Verwaltungsverfahren beantragen.
In beiden Fällen entscheidet die Bafin als unabhängige Instanz darüber, ob die Bank in der Pflicht steht, den Antrag anzunehmen. Sollte sie dem zustimmen, muss die betreffende Bank den Kunden annehmen.
Natürlich haben sowohl die Banken als auch die Privatkunden das Recht, gegen ein gefälltes Bafin-Urteil Widerspruch einzulegen.
Unabhängig von der Bafin kann ein Verbraucher im Falle einer Ablehnung auch eine direkte Klage gegen die Bank einreichen oder die Schlichtungsstelle bei der übergeordneten Bundesbank für sich in Anspruch nehmen. Diese prüft dann Möglichkeiten der Einigung zwischen Bank und Kunde.
Insgesamt soll damit der Verbraucherschutz in seinen Grundfesten gestärkt werden, damit das Ziel, möglichst vielen EU-Bürgern ihr Recht auf ein Basiskonto einzuräumen, auch erreicht werden kann.
Klage- und Beschwerdemöglichkeiten des Verbrauchers:
- Bafin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht): Hier kann der Kunde Beschwerde einreichen und eine Überprüfung veranlassen, ob die Bank verpflichtet ist, seinem Antrag stattzugeben; er kann auch ein Verwaltungsverfahren für diese Überprüfung veranlassen
- Schlichtungsstelle der Bundesbank: Diese überprüft Möglichkeiten der Schlichtung zwischen Bank und Verbracher
- direkte Klage gegen die Bank vor Gericht wegen Verstoßes gegen das Zahlungskontengesetz
Weitere Inhalte des Zahlungskontengesetzes
Kostentransparenz
Neben dem grundlegenden Recht auf ein Basiskonto soll das neue Zahlungskontengesetz auch dazu beitragen, die Transparenz bei erhobenen Entgelten zu verbessern. Das heißt, dass die Banken bei Vertragsabschluss in der Pflicht sind, den Verbraucher verständlich und nachvollziehbar über die entstehenden Kontoführungsgebühren und andere Kosten zu informieren, die im Rahmen des Basiskontos entstehen können (etwa Kosten für Überweisungen, etc.).
Auch während der Laufzeit eines Basiskontos muss der Verbraucher mindestens einmal im Jahr von der Bank über entstandene Entgelte informiert werden (Entgeltaufstellung). Auch mögliche Preisänderungen für Dienste in Zusammenhang mit dem Basiskonto müssen dem Verbraucher schnell mitgeteilt werden.
Einfacher Kontowechsel
Mit dem 18. September trat auch ein weiterer Aspekt des Zahlungskontengesetzes in Kraft: Banken sind von nun an in der Pflicht, ihren Kunden einen beantragten Kontenwechsel nach Möglichkeit zu vereinfachen. So müssen Banken auf Antrag ihres Kunden Daueraufträge und andere mit dem alten Konto verbundene Leistungen schnell und unkompliziert an andere Institute übertragen.
Damit soll es dem Kunden erleichtert werden, zwischen den verschiedenen Angeboten der Kreditinstitute zu wechseln, ohne etwa durch aussetzende Daueraufträge in Bedrängnis zu geraten.
Weitere Verbraucherrechte im Zuge des Zahlungskontengesetzes im Überblick:
- Transparenz bei Entgelten (Darlegung bei Vertragsabschluss und jährliche Überblicke)
- Erleichterung der Modalitäten beim Kontowechsel (Banken sind verpflichtet, Daueraufträge innerhalb von zehn Werktagen nach Antrag des Kunden an dessen neues Kreditinstitut zu übertragen)
Die Ziele des Zahlungskontengesetzes
Der Verbraucherschutz steht bei dem neuen Zahlungskontengesetz an erster Stelle. Aber die Stärkung der Grundrechte von EU-Bürgern hat auch einen zweiten Zweck: Durch die Vereinheitlichung der Regeln und die Vergrößerung des möglichen Kundenkreises der Banken soll der Zahlungsverkehr innerhalb der Europäischen Union stabilisiert und harmonisiert werden.
Denn je mehr Menschen die Möglichkeit haben, über ihr Basiskonto am europäischen Zahlungsverkehr teilzunehmen – durch Überweisungen, Daueraufträge, eben die Regelung ihrer Zahlungen über die Funktionen des Basiskontos – desto funktionstüchtiger stellt sich der gesamteuropäische Geldfluss dar.
Damit schützt das neue Zahlungskontengesetz nicht nur die einzelnen Verbraucher, sondern trägt auch zur Aufrechterhaltung und Stabilisierung eines funktionierenden europäischen Zahlungsverkehrs bei.
Die Ziele des Zahlungskontengesetzes im Überblick:
- Rechtsanspruch auf Zugang zum Zahlungsverkehr über eigenes Basiskonto für jeden Bürger innerhalb der EU, unabhängig vom Einkommen, der Regelmäßigkeit des Gelderwerbs oder des politischen Status
- Abbau und Bekämpfung von Diskriminierung finanziell schwächer gestellter Schichten
- Verbesserung der finanziellen Mobilität von Verbrauchern in der EU
- Stärkung der Vergleichbarkeit verschiedener Kontoangebote
- Vereinfachung des Kontowechsels und Stärkung der Verbraucherrechte bei geplantem Wechsel